Das Nebel-Derby 1966
Damals wars: Eine echte Perle, gefunden auf der 11Freunde Homepage
Reinhold Wosab über das Nebel-Derby 1966
Kopfball ins Nichts
Acht Tore hätten die Zuschauer beim legendären Ruhrpott-Derby 1966 sehen können. Wäre da nicht dieser dichte Nebel gewesen. Der damalige BVB-Stürmer, Reinhold Wosab, erzählt vom Kantersieg, den keiner gesehen hat.
Reinhold Wosab über das Nebel-Derby von 1966Privat
Als wir in der ersten Halbzeit auf das Spielfeld kamen, erwarteten uns 42.000 Zuschauer im Stadion. Die erste Saison nach unserem Sieg im Europacup der Pokalsieger. Und dann noch Derby. Da war immer volle Hütte. Echter Ausnahmezustand. Dass die meisten der Fans nur die Hälfte des Spiels sehen würden, war zu dem Zeitpunkt noch nicht klar. Wie ein Wandernebel zogen die Schleier durch das Stadion. Je nachdem, wo die Zuschauer saßen, konnten sie noch Teile des Spiels sehen. Die meisten aber sahen ab der zweiten Hälfte nur noch eine graue Wand.
Zu Beginn des Spiels war es noch gar nicht so schlimm. Aber je länger das Spiel dauerte, desto schwieriger wurde es mit der Sicht. Der Nebel kam dann so richtig über das Stadion herein gebrochen. Das Spiel hätte eigentlich abgebrochen werden müssen. Aber der Schiedsrichter hat nie abgepfiffen, obwohl die Sichtverhältnisse wirklich katastrophal waren. Den Schalkern hat das natürlich gestunken. Spätestens, nachdem sie in einer Halbzeit vier Tore kassiert hatten. Die Schalker sind in der Halbzeit deshalb auch zum Schiri gestürmt. Aber Gerd Hennig hat immer nur gesagt: »Wir sehen doch genug!«
Blind in der Milchsuppe
Als ich kurz nach der Halbzeit mit meinem Kopfballtor sogar noch einen draufgesetzt habe, mussten sich die Schalker so langsam ergeben. Da stand es auch schon 5:0. Später ist mein Kopfball sogar zum Foto des Jahres geworden. Ich bin so hoch wie möglich über den Rausch gesprungen. Der wollte eigentlich einen Fallrückzieher machen, um den Ball zu klären. In dieser Milchsuppe war das eine ziemlich gefährliche Sache. Letztendlich ist der Ball von Fuß von Friedel Rausch an meinen Kopf und dann ins Tor gesprungen. Norbert Nigbur kniete fast unter mir, weil er den Ball kaum sehen konnte. Erst kurz bevor der Ball auf meiner Stirn landete, konnte ich ihn genau sehen. Ein ziemliches Durcheinander in diesem Nebel.
Nach unserer deutlichen Führung haben wir die schlechte Sicht auch ausgenutzt. Wir haben immer da hin gespielt, wo es hell war und den Ball dort gehalten. Das war schon eine recht clevere Taktik. Ich habe ja Rechtsaußen gespielt. Mit dem Ball am Fuß bin ich einfach nach vorne gelaufen, bis es wieder etwas heller wurde. Wenn der Ball hinten weggeschlagen wurde, hat man ihn vorne gar nicht mehr gesehen. Was hinten in der Abwehr passiert ist, habe ich gar nicht mitbekommen. Von den zwei Gegentoren mussten mir meine Mitspieler erzählen. Aber Siggi Held hatte ja mittlerweile schon das sechste Tor für uns geschossen. Das Spiel war gelaufen.
Sprüche nach dem Spiel
Ich habe nach dem Spiel noch mit einigen Schalkern gesprochen. »Das war Schiebung«, haben fast alle von ihnen geschimpft. Da hat´s ganz schön Sprüche gehagelt. Wir haben uns natürlich nicht beschwert. Für uns lief es ja prächtig. Wenn die Schalker geführt hätten, wären sie auch ruhig geblieben. So war das in den Derbys.
Als wir später mal wieder in Duisburg trainiert haben, war auch Schiedsrichter Gerd Henning da. Wir haben uns nach dem Training auf ein Bier zusammengesetzt und mal in Ruhe über das Spiel gesprochen. Henning hat immer noch darauf beharrt, dass er genug gesehen hat. Er war der festen Überzeugung, dass er von Tor zu Tor sehen konnte. Aber zu der Zeit waren wir sowieso die bessere Mannschaft. Gewonnen hätte wir auch ohne Nebel.
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